Mexicorundreise 2020
Das Abenteuer Mexico begann mit nur wenigen Tagen Vorsprung vor der großen Ausbreitung des Corona-Virus. Weitgehend im Unklaren, was diesbezüglich noch alles kommen wird, machen wir uns auf den Weg in dieses großartige Land.
Super komfortabel per Haustürtransfer ging es in Richtung Flughafen. Der lange Flug gestaltete sich sehr angenehm, da viele Plätze im Flugzeug nicht belegt waren.
Spruch des Tages:
„para mentir y comer pescado, hay que tener cuidado“
Beim Lügen und Fischessen muss man vorsichtig sein.
Nach der Ankunft begrüßte uns Vladimir, unser Reiseführer, ganz herzlich und wir fuhren ins Zentrum von Mexiko-Stadt zu unserem Hotel Historico Central. Nach dem guten Abendessen im Restaurant „des Casa Azuleros“, waren alle froh, dass es zu unserem schönen Hotel und seinen bequemen Betten nicht mehr allzu weit war.
Spruch des Tages:
„lo importante no es que tienes que quieres, sino que quieres que tienes“
Das Wichtigste ist nicht das zu haben was man will, sondern das zu wollen, was man hat.
Am nächsten Morgen merkten wir schnell, welch großes Glück wir mit unserem Reiseleiter „Vladi“ hatten.
Vladi war schon früh morgens zum Museum von Frida Kahlo gefahren, um für uns die Eintrittskarten zu besorgen und sich für uns anzustellen. Obwohl dieses Museum das meistbesuchte von Mexiko-Stadt ist, war unsere Gruppe bei den ersten Besuchern, die das ehemalige Wohnhaus der bekanntesten Künstlerin des Landes an diesem Tag betraten. Für jeden, der sich etwas mit dem Leben dieser außergewöhnlichen Frau beschäftigt hat, wird das „Casa Azul“ (blaues Haus) für immer in Erinnerung bleiben.
Im gleichen Stadtteil von Coyoacan befindet sich die Plaza Hidalgo, wo wir für einen kurzen Spaziergang haltmachten. An diesem historischen Ort hatte der Eroberer Hernan Cortez sein Hauptquartier während seiner Eroberungszüge. Im Gegensatz zu damals scheint die Hektik dieser Mega-City heute weit entfernt von diesem gemütlichen Platz zu sein.
Einen glänzenden Einstieg in die mexikanische Folklore erlebten wir nachmittags in den schwimmenden Gärten von Xochimilco. Während der einstündigen Tour entlang der Kanäle auf einem bunten Stocherkahn gab es per Beiboot leckere mexikanische Spezialitäten und kühles Bier. Vladi lud nach dem Essen eine gestandene Mariachi-Kapelle auf unser Boot ein, die uns mit einigen Klassikern wie „Mexiko Lindo y Querido“ begeisterten. Bei unserer Rückkehr zur Ablegestelle lernten wir die Frau und den 5-jährigen Sohn von Vladi kennen, der schon mit ersten Deutschkenntnissen glänzte. Zum Abschied bekamen alle Frauen Blumen geschenkt, für die dieses Viertel durch seinen Blumenmarkt besonders bekannt ist.
Für den Abend hatte ein Teil der Gruppe die Foodtour durch den Stadtteil Polanco gebucht.
Unser Führer Louis zeigte uns eine der nobelsten Gegenden dieses Stadtteils, der gleichzeitig eines der teuersten Wohngebiete weltweit ist. Zudem ist Polanco auch eine der Topadressen für Gourmets. Insgesamt sieben Stationen mit leckeren Speisen, wie Enchilladas, Tamales und Nachos/ Tacos zusammen mit verschiedenen Salsas nach Geheimrezepten, schaffte die Gruppe – danach passte einfach nichts mehr rein. Satt, glücklich und beeindruckt von den großen sozialen Unterschieden zwischen den einzelnen Stadtteilen von Mexiko-Stadt kehrten wir zu unserem Hotel zurück.
Spruch des Tages:
„Enamorarte de ti, de la vida y luego en quien tu quieras“ von Frida Kahlo
Verlieb dich in dich selbst, in das Leben, und danach in jemanden den du magst.
Am nächsten Morgen wartete gleich das nächste Highlight auf uns:
eine Ballonfahrt über den Ruinen von Teotihuacan!
In Toetihuacan, der größten Pyramidenanlage Mexikos, beeindruckte uns Vladi mit seinem großen Wissen über die prähispanischen Kulturen. Zunächst waren alle fasziniert von den baulichen und astronomischen Fähigkeiten, die diese alte Kultur bereits hatte. Leider ist nur wenig über das Leben der Bewohner dieser Anlage bekannt, da diese aus unbekannten Gründen ihre Stadt ca. 700 nach Christus verlassen haben. Es wird jedoch angenommen, dass bis zu 200.000 Menschen dort lebten.
Der Totenkult der alten Kulturen in diesem Gebiet Mittelamerikas war nicht nur an diesem Tag ein hochinteressantes Thema, welches uns zum Nachdenken anregte.
Nach dem Mittagessen mit Pulque (alkoholhaltiges Mayagetränk) & Cuzanos (Würmer) im Restaurant „Gran Teocoacan“ setzten wir unser Programm im Stadtzentrum von Mexiko-Stadt fort.
Wir starteten am großen Zocalo, welcher einer der größten Plätze der Welt ist. Umgeben vom Regierungspalast, dem Rathaus, der Kathedrale und den Arkaden der Kaufleute wirkt der Platz sehr erhaben, was bei Nacht noch beeindruckender ist.
Im Regierungspalast begeisterten uns vor allem die „Murales“ (Wandgemälde) von Diego Rivera, dem Ehemann von Frida Kahlo.
Es ist schier unglaublich wie dieser Künstler die Geschichte Mexikos mit wunderschönen Bildern auf diesem riesigen Wandgemälde dargestellt hat. Auch dieses Mal interpretierte unser Reiseleiter das Kunstwerk auf seine mitreisende Art und wir konnten die großen geschichtlichen Errungenschaften der mexikanischen Gesellschaft geradezu spüren und miterleben.
Den Abschluss unseres Rundgangs machten wir Station am Templo Mayor. Dieser Bereich wurde erst um 1900 entdeckt und bezeugt, dass an dieser Stelle einst das Zentrum der Stadt Tenochtitlan und des gesamten Aztekenreichs war, welches die Spanier nach der Unterwerfung der Azteken komplett zerstört hatten.
Den letzten Abend in Mexiko-Stadt, verbrachten wir im schönen Lokal „Las Sirenas“ am Zocalo, von dessen Terrasse aus wir eine aztekische Neujahrsfeier beobachten konnten.
Spruch des Tages:
„Casarte con alguien que cocina rico, la belleza algun dia se acaba, el hambre no.“
Heirate jemanden der gut kochen kann, die Schönheit vergeht, der Hunger nicht.
Früh morgens begann das Programm mit dem Besuch des bedeutendsten Wallfahrtsorts Mexikos, – wenn nicht der ganzen Welt – der Basilika der „Virgen (Jungfrau) de Guadelupe“.
Die Geschichte der „Virgen de Guadelupe“ geht auf mehrere Erscheinungen im Dezember 1532 auf dem Berg Cerro de Tepeyac im Nord-Osten von Mexico-Stadt zurück.
Die heilige Maria – in Gestalt einer dunkelhäutigen Mestizin – erschien im Jahr 1532 einem Indiohirten und erteilte den Auftrag beim Bischof zu veranlassen, dass an dieser Stelle eine Kirche gebaut werden solle.
Da der Bischof dem Hirten nicht glaubte und einen Beweis für die Erscheinung forderte, kam es zu weiteren Erscheinungen. Der Indiohirte fand, für die Gegend und Jahreszeit ungewöhnlich, Rosen und brachte diese dem Bischof eingewickelt in seinem Poncho. Als er den Poncho vor den Augen des Bischofs öffnete, um die Blumen zu zeigen, erschien das Bild der Jungfrau von Guadelupe auf dem Stoff seines Umhangs. Daraufhin veranlasste der Bischof den Bau einer Kirche und die innige Verehrung der Jungfrau von Guadelupe als Schutzpatronin und Nationalheilige von Mexiko begann.
Auch auf dem Weg in die mexikanische Unabhängigkeit führte der Priester Miguel Hidalgo sein Bauernheer im Jahr 1824 unter dem Banner der heiligen Jungfrau.
Nach dem beeindruckenden Besuch der „windschiefen“ alten und der 12000 Menschen fassenden neuen Basilika ging es von Mexiko-Stadt weiter in Richtung Puebla. Die enorme Ausdehnung der größten Stadt der Welt (Nord nach Süd 78 km/Ost-West 69 km), wurde uns erst richtig bewusst als wir stadtauswärts an vielen informellen Stadtteilen vorbeifuhren. Diese Satellitenstädte mit bis zu 3 Millionen Einwohnern, werden sich von Seiten der Stadtverwaltung oft selbst überlassen und geraten deshalb meist in die Hände von Mafiabanden.
Mülltrennung auf mexikanisch.
Eines der vielen interessanten Themen, die „Vladi“ unterwegs ansprach war das Müllsystem in Mexiko. Mülltonnen und Mülltrennung gibt es nicht. Der Müll wird einfach vor die Türe gestellt und von „Pepenadores“ (Auflesern) abgeholt. Die Pepenadores trennen den Müll und verkaufen ihn an den Müllkippen weiter. Das ist die Lebensgrundlage von tausenden Familien. Gut gemeinte Ansätze zum regulierten Müllrecycling sind bisher immer wieder gescheitert.
Von der Autobahn aus konnten wir in der Ferne die 2 bekanntesten Vulkane Mexikos erkennen:
den Iztaccihuatl (5320 m) und den Popocatepetl (5636 m). Mit den beiden verbindet man eine wundervolle Geschichte (Quelle: Wikipedia):
Einer aztekischen Sage zufolge lebten früher ein Häuptling und seine Frau in Tenochtitlan. Der Häuptling war ein berühmter Eroberer, der von allen Azteken geliebt wurde. Er und seine Frau waren besorgt, dass sie kein Kind mehr bekommen würden. Doch eines Tages gebar die Ehefrau ein Mädchen, das so schön war wie seine Mutter. Das Mädchen wurde „Iztaccíhuatl“ genannt, was auf Náhuatl „Weiße Dame“ bedeutet.
Alle Ureinwohner liebten Iztaccíhuatl und ihre Eltern. Das Mädchen wurde darauf vorbereitet, eines Tages die Rolle ihres Vaters als Anführerin zu übernehmen. Als Iztaccíhuatl älter wurde, verliebte sie sich in den Anführer eines anderen Stammes, Popocatépetl.
Eines Tages brach ein Krieg aus und die Kämpfer mussten mit ihren Truppen in den Süden ziehen, um den Feind zu besiegen. Der Häuptling erzählte Popocatépetl, dass er seine Tochter heiraten könne, wenn er ihm den Kopf des Feindes bringe. Popocatépetl zog in den Krieg, Iztaccíhuatl blieb zurück.
Nach mehreren Monaten kehrte ein Krieger zurück, der Popocatépetl hasste. Er überbrachte die falsche Nachricht, dass seine Armee gewonnen hätte, aber Popocatépetl gefallen wäre. Der Häuptling war traurig, als er das hörte, aber Iztaccíhuatl konnte nicht aufhören, zu weinen. Sie verließ das Haus nicht mehr, aß und trank nichts, sodass sie nach wenigen Tagen an ihrem Kummer starb.
Als der Häuptling die Beerdigung seiner Tochter vorbereitete, kehrte Popocatépetl mit seinen Truppen erfolgreich aus dem Krieg zurück. Popocatépetl sah seine tote Geliebte und verfiel in Trauer. Er trug Iztaccíhuatl in seinen Armen aus der Stadt hinaus einen weiten Weg bis zu einem Berg. Dort befahl er seinen Kriegern, ein Grabmal zu errichten, und legte seine Geliebte behutsam hinauf. Dann kniete er sich neben sie und blieb bei ihr, bis auch er an seinem Kummer starb.
Die Götter waren berührt von Popocatépetls Opfer. Sie verwandelten das Grabmal und die beiden Verstorbenen in einen Berg und einen Vulkan. Der Berg, der nach Iztaccíhuatl benannt wurde, sieht aus wie eine schlafende Frau.
Der Name „Popocatépetl“ bedeutet auf Náhuatl „Rauchender Berg“, da aus dem Vulkan ab und zu Rauch aufsteigt. Damit zeigt Popocatépetl, dass er immer über Iztaccíhuatl wacht, die an seiner Seite schläft.
Gegen Mittag erreichten wir die Pyramide von Tepanapa in Cholula. Auch wenn dieses ehemalige Aztekenheiligtum das Volumen der Cheops-Pyramide in Gizeh übertrifft findet man heute nur noch einen riesigen grasbedeckten Erdhügel. Trotzdem hat es dieser Hügel in sich: Zusammen mit Vladimir stiegen wir, durch erhaltene Gänge in der Pyramide, in die Unterwelt der Azteken hinab. Diese „Prozession“ war sehr beeindruckend und wir könnten uns die Mystik der religiösen Zeremonien der Indigenas gut vorstellen.
Danach stiegen wir noch den Hügel mit der schönen Wallfahrtskirche „Nuestra Senora de los Remidios“ hinauf und konnten von oben die 38 Kirchen der Stadt mit Ihren 365 Kuppeln (keine/r wollte das überprüfen) bestaunen.
Wir fuhren weiter in die Stadt Puebla, die durch sein VW-Werk bekannt ist und tatsächlich wurden wir während unseres Rundgangs durch die Stadt von einem ehemaligen Mitarbeiter des VW-Werks auf Deutsch angesprochen.
Überraschend schön und prächtig präsentierte sich die Stadt rund um den Zocalo, hatte man doch eine geschäftige Industriestadt erwartet. Die gesamte Innenstadt steht wegen seiner ca. 2600 kolonialen Bauwerke unter Denkmalschutz.
Unser Hotel für diese Nacht war das pittoreske „Mision Arcangel Puebla“, das einem Kloster nachempfunden ist.
Spruch des Tages:
No hay mejor espejo, que el amigo viejo.“
Es gibt keinen besseren Spiegel, als einen alten Freund.
Das schöne Wetter blieb uns weiter treu – allerdings stiegen die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit in Richtung Atlantikküste erheblich an.
Zur Einstimmung auf das lebensfrohe Veracruz gab es am Morgen den gleichnamigen Hit aus dem Jahr 1987 von Carlos Santana in der Whattsapp-Gruppe der Familie.
Wir setzten unsere Fahrt fort und sahen im Norden von Puebla den Vulkan La Malinche. Er ist Teil des transmexikanischen Vulkangürtels, einer tektonisch sehr aktiven Zone. Vulkanausbrüche und Erdbeben sind hier keine Seltenheit. Am 19.September 1985 ereignete sich ein folgenreiches Erdbeben ca. 350 km entfernt von Mexiko-Stadt. In der Hauptstadt stürzten mehr als 400 Häuser ein, viele wurden beschädigt. Durch die einsetzenden Schwingungen waren hauptsächlich 5-15 stöckige Gebäude betroffen. 250.000 Menschen wurden obdachlos und nach inoffiziellen Schätzungen starben 30.000 Einwohner.
La Malinche
Der Name des Vulkans „Malinche“ geht auf die Indigena Malintzin zurück. Sie war eine aztekische Adelige, die schon im Mädchenalter als Sklavin an die Maya verkauft wurde. Als Aztekin sprach Sie Náhuatl und beherrschte ebenso die Sprachen der Maya. Die Mayas verschenkten später La Malinche an die Spanier. Dort lernte Sie zu ihren bisherigen Sprachkenntnissen noch spanisch und war aus diesem Grund für den Eroberer Cortes während seiner Feldzüge von unschätzbarem Wert. Als Dolmetscherin von Hernan Cortes war Sie immer in seiner Nähe und wurde später auch zu seiner Geliebten. Sie verstarb aber bereits im Alter von 25 Jahren – die näheren Umstände ihres Todes sind jedoch nicht bekannt.
Bis heute ist die Malinche eine sehr umstrittene Frau, deren Betrachtung sich zwischen den Polen „Verräterin am eigenen Volk“ und „Mutter der Nation“ bewegt. Eine Beurteilung ihrer Person aus heutiger Sicht würde sicherlich zu kurz greifen und die tatsächlichen Umstände in denen „La Malinche“ zur Zeit der Conquistadores lebte ignorieren.
Unser Weg führte uns nun vom mexikanischen Hochland hinunter zur karibischen Küste. Diesen Übergang hatte Alexander von Humboldt während seiner Reise im Jahr 1803 von Mexiko-Stadt nach Veracruz als die mexikanische Schweiz bezeichnet. Die üppige Natur konnten wir beim Besuch der (gut versteckten) Hazienda „Pocapa“ selbst kennenlernen. Die Hazienda produziert hauptsächlich Kaffee und der Chef persönlich führte uns durch seinen Garten Eden. Ein „Seminar“ zur Kaffeeproduktion sowie ein obligatorischer Kaffee am Ende der Veranstaltung waren natürlich inklusive.
Wie immer – unter der fürsorglichen Hand unseres Reiseleiters Vladi – war für ein typisches und gleichsam geniales Mittagessen in einem gegenüberliegenden Restaurant gesorgt.
Während wir uns Veracruz näherten, konnten wir an den großen Industrie- und Gewerbegebieten erkennen, welch große wirtschaftliche Bedeutung diese Hafenstadt für das gesamte Land haben muss.
Bevor wir in unser ideal gelegenes Hotel „Emporio“ fuhren gab uns Vladi während einer kurzen Stadtrundfahrt einen Einblick in die Geschichte der Stadt und zeigte uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten.
Hernan Cortez landete an einem Karfreitag im Jahr 1519 in der Nähe des heutigen Veracruz und gründete die erste spanische Siedlung auf dem amerikanischen Kontinent. Hier war der Anlaufpunkt für Eroberer und Glücksritter aus Europa. So blieb Veracruz über 200 Jahre lang das Tor zur neuen Welt und der Hauptumschlagplatz für Gold und Silber.
Am Abend konnten wir die einzigartige Stimmung (von Corona war noch nichts zu spüren) am Zocalo von Veracruz kennenlernen. Bei tropischen Temperaturen steigerte sich die sprichwörtliche mexikanische Lebenslust – musikalisch umrahmt von unzähligen Mariachi-Gruppen – mit der Zeit zu einer fulminanten Freiluftparty. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass dies die letzte große Feier in einer Menschenmenge für lange Zeit bleiben sollte.
Spruch des Tages:
„Me emborrache para olvidarte, y ahora te veo doble!“
Ich hatte mich betrunken um Dich zu vergessen und jetzt sehe ich Dich doppelt!
Nach einer kurzen Nacht für die beiden Reiseleiter stand frühmorgens ein Spaziergang entlang des Hafens und um den Zocalo auf dem Programm, alles war sehr viel ruhiger als in der Nacht zuvor, die Stadt döste wohl der nächsten Party-Nacht entgegen.
Bevor wir die Stadt verließen, machten wir noch Halt beim Kinderhilfsprojekt „AMANC“, das sich um krebskranke Kinder mittelloser Familien kümmert.
Mit den Spendengeldern, die wir mit unserem Kraichgautriathlon-Team gesammelt hatten, konnten wir dieses äußerst wertvolle Projekt mit 2.012,50 € unterstützen. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an alle Sponsoren mit dieser kleinen Geschichte aus Mexiko:
Der Wald brennt, die Tiere fliehen, nur der Kolibri fliegt zwischen den Bränden und einem See hin und her, wieder und wieder, dabei nimmt er jedes Mal einen Wassertropfen in den Schnabel und lässt ihn auf das Feuer fallen.
„Was machst Du denn da?“ fragt ihn plötzlich ein mächtiger Adler, „das nützt doch nichts.“
Und der Kolibri antwortet: „Ich weiß, aber ich erfülle meinen Teil“.
Unsere Tour ging weiter Richtung Süden. Am Lago de Catemaco, der ebenfalls vulkanischem Ursprungs ist, fand Vladi erneut ein idyllisches Plätzchen für unsere Mittagspause. Das Essen war vorbestellt und so ging es flugs weiter nach San Jose, von hier wurden wir per Boot zum Nanciyaga Eco Reserve gebracht. Es erwartete uns ein Rundgang durch das Naturschutzgebiet, bei dem die Kultur und Lebensweise der Olmeken – inklusive Wellnessanwendungen – gezeigt wurden. Die Olmeken waren die älteste Kultur Mesoamerikas, die um 1500 vor Chr. die Golfküste von Tabasco besiedelten. Besonders bekannt sind die Olmeken für ihre bis zu 30 Tonnen schweren Kolossalköpfe.
Am späten Abend erreichten wir nach 12 Stunden „on Tour“ unser Hotel in Coatzacoalcos.
Spruch des Tages:
„La mejor almohada es una concencia tranquilla.“
Das beste Kopfkissen ist ein ruhiges Gewissen.
Nachdem am Morgen wieder alles im Bus verstaut war, ging es hinein in das gebirgige Hochland von Chiapas mit seinen tiefen Schluchten und reicher tropischer Vegetation.
Im Sumidero-Canyon hat sich der Fluss Grijalva bis zu 1000 Meter tief in die Landschaft eingegraben. Mit Schnellbooten konnten wir von verschiedenen Stellen aus die beeindruckenden Felswände mit ihrer einzigartigen Flora und Fauna bestaunen. Ein Schauer lief uns über den Rücken, als uns der Bootsführer die Stelle zeigte, an der zur Zeit der Eroberungen ein Massenselbstmord von Indigenas stattfand. Durch einen verzweifelten Sprung in den Canyon versuchten hunderte Frauen und Kinder der Sklaverei zu entgehen.
In einem Restaurant am Bootssteg stärkten wir uns für die Weiterfahrt nach San Christobal de las Casas.
Am Nachmittag kamen wir in dieser einzigartigen kolonialen Stadt, die nach dem Dominikanerbischof Bartolome de las Casas benannt ist, an. Wir wurden von der Souvenirverkäuferin Rosalita, ihrer Tochter und einem Enkelkind im Huckepack bereits erwartet. Die Drei sind alte Bekannte von Vladi, die er bei seinen Touren versucht zu unterstützen. Sie gehören zum Stamm der Tzotzil.
Nach einen ersten Spaziergang durch die engen Gassen der Stadt erreichten wir unser bezauberndes Hotel Casa Vieja.
Auf dem Weg zum Abendessen merkten wir an den kühlen Temperaturen deutlich, dass San Christobal auf einer Höhe von 2137 m liegt. Die Stadt, die einst durch Rucksacktouristen bekannt wurde, ist mittlerweile sehr touristisch geprägt. Dennoch hat sie ihren Charme durch die Mischung indigener Kultur und kolonialem Stil bewahren können.
Besonders erwähnt sei an dieser Stelle die Liebe unseres Reiseleiters Vladimir zur mexikanischen Küche. Wie an diesem Abend im stilvollen Restaurant Santo Nahual übersetzte und präsentierte er vor jeder Mahlzeit die angebotenen Speisen und Getränke auf seine unnachahmliche Weise, so dass einem nur beim Zuhören das Wasser im Munde zusammen lief – ein Hochgenuss schon vor dem eigentlichen Gericht.
Der Bundesstaat Chiapas
Chiapas wurde im Jahr 1528 von den Spaniern unterworfen und gehörte während der Kolonialzeit nicht zu Mexiko. Durch einen Vertrag im Jahr 1824 mit Guatemala wurde Chiapas mit dem Peten, einer Nachbarregion, getauscht.
Die Indigenas
In Chiapas leben 14 Ethnien indigener Abstammung, die in diesem autonomen Gebiet den größten Anteil der Bevölkerung ausmachen. Die Region gilt als arm und rückständig, es herrscht eine hohe Kindersterblichkeit und das Gesundheitssystem ist im Vergleich zu anderen Bundesstaaten Mexikos schlecht ausgebaut. Der Ursprung dieses Elends ist in der Kolonialzeit zu finden.
Oft wurden die Ureinwohner während der Eroberungen gleich umgebracht oder Sie starben an eingeschleppten Krankheiten. Falls sie überlebten, wurden Sie zu Sklaven ohne Rechte. Ein Sklave war zu dieser Zeit weniger wert als ein Truthahn und wurde nicht selten auf der Stirn gebrandmarkt.
Bei den Azteken und Mayas gab es ein gutes Schulsystem, nach der Unterwerfung durch die Spanier waren die Indigenas von der Bildung ausgeschlossen.
Auch die immer wiederkehrenden Aufstände änderten an der Unterdrückung nichts. Bis heute sind viele Menschen dieser Volksgruppen Analphabeten und die Strukturen von Leibeigenschaft bestehen bis heute fort.
Für weltweites Aufsehen sorgte die hauptsächlich aus Indigenas bestehende Befreiungsarmee EZLN im Januar 1994, als sie mehrere Städte in Chiapas für 3 Tage besetzte. Der Kampf der Guerilla galt der Verbesserung der Lebensbedingungen der Landbevölkerung und der Schaffung einer basisdemokratischen, autonomen Gesellschaftsordnung.
Mit der Unterstützung des katholischen Bischofs von San Christobal Samuel Ruiz konnten Autonomierechte für die Region verhandelt werden, die allerdings nie in die Verfassung Mexicos aufgenommen wurden.
Viele Indios leben heute neben der Landwirtschaft (z.B. Kaffee) von Geld, das ihnen ihre Verwandten aus den USA schicken oder vom Souvenirverkauf. Der Autonomiestatus begünstigt auch viele illegale Geschäfte: Wir konnten beispielsweise viele illegale „Tankstellen“, an denen geklauter Sprit per Kanister verkauft wurde, beobachten.
Benito Juarez (Präsident Mexikos von 1858-1872)
Benito Juarez war der erste und einzige Indigena der Präsident Mexikos wurde und gilt als großer Reformer des Landes. Ganz im Gegensatz zu seiner kleinen Körpergröße, setzte er seine großen liberalen Ideen als Pazifist gegen verschiedene – oft gewaltbereite – politische Lager durch:
– Er setzte eine radikale Trennung von Kirche und Staat durch.
– Die damals sehr mächtige katholische Kirche wurde enteignet.
– Die Religionsfreiheit und Menschenrechte wurden garantiert.
– Ein staatliches Schulsystem wurde etabliert.
– Eine Agrarreform, die den einfachen Bauern zugutekommen sollte, wurde durchgeführt.
Der mexikanische „Abraham Lincoln“ wurde im Alter von 3 Jahren zum Waisen und wuchs zunächst bei seinen Großeltern auf dem Land auf. Später zog er zu seiner Schwester nach Oaxaca, die dort als Dienstbotin arbeitete. Dort wurde er von einem Franziskaner Mönch unterrichtet. Er entwickelte sich zu einem hervorragender Schüler in einem Klosterseminar und studierte später Jura und Physik. Er wurde von seinem späteren Schwiegervater unterstützt, der seine Talente früh erkannte und für den er als Dienstbote arbeitete.
Benito Juarez setzte während seiner Amtszeit neue Maßstäbe von Recht und Gesetz und war mit seinen Normen und Vorstellungen seiner Zeit weit voraus.
Spruch des Tages (Benito Juarez):
„Entre los individuos el respecto al derecho ajeno es la paz.“ (y la conservación de los dientes)
Der Respekt jedem Anderen gegenüber sichert den Frieden. (Zusatz nicht sicher überliefert)
Da unser Bus etwas außerhalb von Chamula parken mußte, konnten wir schon erste Eindrücke entlang der Straße Richtung Marktplatz sammeln. Alles wirkte sehr ärmlich – kein Vergleich zu den Verhältnissen in San Christobal. Gleichzeitig konnten wir die Trachten der Leute auf der Straße bewundern.
Die Gemeinde, die vom Volksstamm der Totzil bewohnt wird, ist das religiöse Zentrum der umliegenden Dörfer und ein Besuch der Kirche San Juan (Johannes der Täufer) ist ein ganz besonderes Erlebnis. Das Gotteshaus spiegelt eine spezielle Mischung aus katholischen und vorspanischen Glaubensvorstellungen. Der Boden ist mit Kiefernadeln und Zweigen übersät, es gibt keine Bänke oder Stühle. Vieles erscheint uns völlig fremd und wird in der Kirche durch eine andere Realität ersetzt: z.B. werden durch Rülpsen (ausgelöst durch einen Schluck Coca Cola) schädliche Geister beschworen in ein Huhn zu fahren, welches anschließend getötet wird. Das Fotografieren ist in der Kirche strengstens verboten, da die Nachfahren der Maya glauben, dass Fotos ihre Seele davontragen können.
Diese Kirchenräume sind eine der letzten Stätten, wo der traditionelle Glaube der Indigenas gelebt sowie erlebt werden kann.
Nach unserer Rückkehr nach San Christobal zeigte uns Vladi die Stadt. Wie immer in Mexiko stellt der Zocalo, eingerahmt mit Bäumen und schönen kolonialen Gebäuden, das Zentrum dar. Wir schlenderten entlang der Fußgängerzone zur Iglesia de Santo Domingo mit ihrer besonders reich verzierten, barocken Fassade. Eine Besonderheit der Stadt sind ohne Zweifel die verschiedenen Märkte. Wir besuchten gemeinsam den Bernstein & Kunstmarkt bei der Iglesia (Kirche) del Carmen. Nach einer gründlichen Einweisung in die Verhandlungstechniken auf dem Markt und vielen wertvollen Empfehlungen, konnte jeder für sich den Markt erkunden.
Vor unserem gemeinsamen Abendessen wurde noch auf unser Geburtstagskind Mechthild angestoßen und ein weiterer Abend voller kulinarischer Genüsse in einem der stilvollen Restaurants der Stadt begann.
Spruch des Tages:
„El que no he hecho el amor bajo las estrellas sobre el cesped, no sabe lo que son las ormigas.“
Derjenige, der noch nie Sex unter den Sternen auf einem Rasen gehabt hat, kennt die Ameisen nicht.
Früh morgens ging es los, da die Strecke weit war. Wie zur Begrüßung war Rosalita mit ihrer Tochter – leider ohne Enkelkind – zur Stelle, um uns mit letzten Souvenirs auszustatten.
Das Leben von Rosalita war nach Auskunft von „Vladi“ nicht leicht. Sie wurde von Ihrem Mann lange Zeit nur ausgenutzt und irgendwann hatte Sie den Mut ihren Mann zu verlassen. Seit dem steht sie auf eigenen Beinen und versorgt ihre Kinder und sich selbst. Sie ist aber nicht nur eine mutige Frau, darüber hinaus ist sie auch sehr weise: Bei unserem Abschied sagte sie voraus, dass durch das Corona-Virus sehr entbehrungsreiche Zeiten für sie anbrechen würden und sie jetzt besser ein paar Säcke Maismehl besorgen sollte, um durchhalten zu können. Wir hoffen das Maismehl wird für sie und ihre Familie bis zum Ende der Pandemie reichen!
Da die direkte Strecke durch sporadische Straßensperren von protestierenden Gruppen nicht sicher war, fuhren wir einen Umweg über Villahermosa um nach Palenque zu gelangen. Unterwegs gab es jede Menge interessante Infos über Land & Leute von „Vladi“ – wie immer – in der für ihn typischen lebendigen Manier.
Mexikanisches Schulsystem
Obwohl relativ viel Geld vom Staat für Bildung ausgegeben wird, brechen bis zu 50 % der Schüler an staatlichen Schulen die vorgeschriebene Schulzeit vorzeitig ab.
Die größte Verantwortung an diesem Versagen tragen die Gewerkschaften, die sich über die Jahrzehnte immer mehr verselbstständigt haben. Durch Vetternwirtschaft und Korruption wird Bildung verhindert und Wenige bereichern sich.
Zum Beispiel kann eine Anstellung als Lehrer gegen entsprechendes Entgelt einfach erkauft werden. Die vorhandene oder nicht vorhandene Qualifikation spielt dabei keine Rolle.
Ebenso können Lehrer vor ihrer Pensionierung entscheiden, wem sie ihre Stelle weitergeben möchten. Durch diese Möglichkeit werden Stellen oft innerhalb der Familie „vererbt“, ohne dass jemand die Eignung für den Lehrerberuf beurteilt.
Alternativ bleiben für einige Wenige die sehr guten Privatschulen, die zwischen 450,- und 1000,- Dollar pro Monat kosten. Man muss feststellen, dass die Qualität der Schulbildung zwischen staatlichen und privaten Schulen immer weiter auseinander driftet.
Drogenkrieg in Mexiko.
Es gibt über zehn große Drogenkartelle und weitere 200 bewaffnete Gruppen, die sich das Territorium Mexikos untereinander aufteilen. Durch die Konflikte untereinander und mit der Armee, sowie Polizei kamen in der Zeit zwischen 2018 und 2020 ca. 30.000 Menschen pro Jahr ums Leben. Viele der einfachen Dealer und Kartell-Mitglieder werden keine 20 Jahre alt.
Durch die schlechten Zukunftsaussichten vieler junger Leute rekrutieren die Kartelle ihre Mitglieder sehr geschickt, zum Beispiel in den sozialen Medien. Ganz nach dem Motto: Besser reich und jung als Drogenbaron sterben als arm alt werden.
Hauptursache sind die über 7 Millionen Drogenkonsumenten in den USA und die große Gewinnspanne, die sich vor allem mit Kokain erzielen lässt. Aus einem Kilo Kokain-Basispaste aus Kolumbien, mit einem Wert von ca. 700 $, werden beim Verkauf des gestreckten Endproduktes auf den Straßen von US-amerikanischen Städten 380.000,- $. Der Erlös aus dem Drogenschmuggel in die USA soll für die kolumbianischen und mexikanischen Drogenkartelle bis zu 39 Milliarden $ betragen. Solch große finanzielle Mittel machen dieses Geschäft zu einer unkontrollierbaren Macht für den mexikanischen Staat und die Behörden.
Am Abend erreichten wir unser Hotel „Chan Kah“ nahe den berühmten Ruinen von Palenque. Die Lage mitten im Urwald und die kunstvoll gestaltete Poolanlage sucht seines Gleichen und so dürften die meisten es bedauert haben, hier nur eine Nacht bleiben zu können.
Während des Abendessens spürten wir, wie uns die Corona-Pandemie so langsam einzuholen begann. Die schlechten Nachrichten aus der Heimat verdichteten sich und auch unser Hotel war nur wenig frequentiert.
Eine der der prominentesten und faszinierendsten Sehenswürdigkeiten Mexikos ist Palenque. Es liegt im Siedlungsgebiet der Maya während der klassischen Phase (200-1000 n. Chr.) und nah an der Grenze zu Guatemala.
Götterwelt der Maya
Durch die konsequente Auslöschung der Maya-Kultur durch die Spanier, sind die Zusammenhänge bis heute nur teilweise erhalten und rekonstruierbar.
Es gab eine große Zahl an Göttern, die das Schicksal der Menschen und der Erde bestimmten. Deshalb gab es viele Opferrituale wie Rauchwerk, Blumenschmuck, aber auch Tier-, Blut- und sogar Menschenopfer.
Die Götter konnten sowohl gut und böse als auch jung und alt erscheinen.
In ihrer Religion stellen sich die Maya die Welt als Baum vor:
Die Unterwelt stellte das Wurzelwerk des Baumes dar. Die Erde und das Leben den Stamm. Die Baumkrone symbolisierte den Himmel. In diesem Weltenbaum fand die Wanderung der Seelen statt.
Eine herausragende Leistung der Maya war die Erfindung verschiedener Kalender, die alle ineinander griffen. Dies war nur möglich mit Hilfe der Mathematik und Astronomie. In beiden Bereichen hatten sich die Maya hervorragende Kenntnisse angeeignet. Nicht zu Unrecht werden die Maya als „die Griechen der neuen Welt“ bezeichnet.
Es ist eine ganz besondere Atmosphäre, wenn man die Ruinen von Palenque mitten im Urwald betritt. Die Architekten der Maya haben hier wahrlich Außergewöhnliches geschaffen. Es ist bislang nur der zentrale Platz, das entspricht etwa 10 % der ehemaligen Mayametropole, freigelegt.
Während seiner Erklärungen zu den einzelnen Tempelanlagen, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören, erweckte „Vladi“ die Maya-Stadt förmlich erneut zum Leben. Die meisten Fassaden waren damals in roter Farbe gestrichen, sie waren reich verziert mit Hieroglyphen und Abbildungen der Götter. Man konnte sich hautnah vorstellen, wie der mächtige König Pacal einst vom Tempel der Inschriften zu seinem Volk gesprochen haben muss – es war sehr beeindruckend.
Voller Emotionen über das Erlebte, machten wir uns gegen Mittag daran die Halbinsel Yucatan kennenzulernen. Die karibische Küste Yucatans ist besonders wegen ihrer paradiesischen Strände an der „Riviera Maya“ bei Badeurlaubern beliebt.
Unser erstes Ziel auf der Halbinsel war das sehr gut erhaltene koloniale Hafenstädtchen Campeche.
Gegen Abend erreichten wir die Stadt am Golf von Mexiko, allerdings war es unserem Bus wegen der engen Gassen nicht möglich bis zu unserem angedachten Hotel zu kommen. Uns blieb nichts anderes übrig als mit unseren Koffern bis zum Hotel zu marschieren.
Als sich bei unserer Ankunft im Hotel Socaire herausstelle, dass unsere Buchung storniert worden war, mussten wir erst einmal die Luft anhalten. Doch schnell war geklärt, dass die Agentur ein anderes Hotel für uns vorgesehen hatte, aber diese Info nicht an uns weitergeleitet hatte. Wir mussten also nochmal auf die „Gass“ und zum nächsten Hotel laufen. „Vladi“, ein Meister der Improvisation, konnte zwischenzeitlich einen Pick up organisieren, der unsere Koffer zum nächsten Hotel transportierte.
Nach der wohlverdienten Dusche machten wir gemeinsam eine stimmungsvolle erste Erkundung durch die schön beleuchtete Stadt mit ihren vielen restaurierten Kolonialbauten. Wir genossen ein leckeres Abendessen in einem stilvollen Restaurant, als besondere Attraktion gab es riesige Sombreros zum Ausleihen, das uns „Vladi“ empfohlen hatte.
Spruch des Tages:
„El cameron no es carne, ni las suegras son familia“
Genauso wenig wie die Garnele aus richtigem Fleisch ist, gehört die Schwiegermutter zur Familie.
Am Morgen stand unser Rundgang durch dieses sehr sehenswerte Hafenstädtchen auf dem Programm. Entlang der 8 Meter hohen und 3 Meter dicken Stadtmauer und den „Balaurtes“ (Bastionen) war kurioserweise der eine oder andere Pirat anzutreffen. Zur Zeit des Gold- & Silberhandels verließen die spanischen Schiffe schwer beladen den Hafen von Campeche und wurden nicht selten von den blutrünstigsten Piraten des 17.Jh. überfallen und ausgeraubt. Henry Morgan & Co. waren sich darüber hinaus nicht zu schade die ganze Stadt anzugreifen und einfach niederzubrennen. Gott sei Dank sind die heutigen Piraten lediglich zur Unterhaltung der Touristen da und daher ungefährlich. Sogar in die Polizeistation hatte sich ein wahres Prachtexemplar eingeschlichen.
Leider waren bereits viele Sehenswürdigkeiten und Museen der Stadt wegen Corona geschlossen.
Die Hazienda „Mucuyche“ war unser nächstes Ziel. Während der Fahrt konnten wir sehen wie flach die Halbinsel Yucatan, mit nur wenigen Metern Höhe über null, ist. Die Vegetation besteht hauptsächlich aus Buschwerk und Agavenplantagen. Der Untergrund besteht aus Kalkgestein und wie bei diesem Gestein üblich, findet man im Untergrund reichlich Wasser in ausgespülten Höhlen und Grotten, den sogenannten „Cenotes“.
Als wir auf der Hazienda ankamen wurde uns bewusst, dass ab jetzt unser Programm coronabedingt nicht mehr wie geplant weitergehen wird. Die Hazienda sollte in dem Moment, an dem wir ankamen, geschlossen werden. „Vladi“ musste all seine Überredungskünste einsetzen, damit wir diesen Programmpunkt noch erleben konnten. Diese Leistung kann man ihm nicht hoch genug anrechnen, da die Hazienda zusammen mit den „Cenotes“ einer der Höhepunkte der Reise werden sollte.
Im Gegensatz zu einer Finca, einem Grundstück mit Gebäude auf dem Land, ist eine Hazienda eine effiziente Form einer landwirtschaftlichen Produktionsstätte mit Werkstatt. Meist wohnten die Besitzer nicht selbst auf der Hazienda. Manche Haziendas bauten z.B. Baumwolle oder Zuckerrohr an. Andere züchteten Vieh. Die Hazienda „Mucuyche“ produzierte zur Zeit des Sisal-Booms, Ausgang des 19.Jahrhunderts, diesen begehrten Rohstoff aus den Fasern der Agave. Es war sehr interessant die einzelnen Produktionsschritte, bei denen schon Dampfmaschinen eingesetzt wurden, während eines Rundgangs durch die Hazienda kennenzulernen. Aus Sisal wurden damals vor allem Seile und Taue für die Schifffahrt hergestellt sowie die für Mexiko so typischen Hängematten.
Jetzt folgte ein unvergleichliches Erlebnis: Ein Bad in den beiden Cenotes, die auf dem Gelände der Hazienda zu finden sind.
Das Wort „Cenote“ leitet sich vom Mayawort Dzonot ab, welches Loch oder Abgrund bedeutet. Die Cenotes sind Süßwasserbrunnen und waren für die Maya der Quell des Lebens, da es auf Yucatan keine überirdischen Flüsse gibt. In ihrer Umgebung siedelten deshalb viele Menschen. Darüber hinaus betrachteten die Maya diese geheimnisvollen Süßwassergrotten als Zugang zur Unterwelt und zu den Göttern. Sie glaubten, dass dort auch der Regengott Chac wohne, dem sie besonders während Dürreperioden mit Opfergaben huldigten.
Jeder der sich diese Gelegenheit nicht entgehen ließ spürte sofort, dass das Bad in den beiden Cenotes ein magisches Erlebnis war. Die Cenote „Carlota“ ist halboffen und das Wasser schimmerte in göttlichem blau. Durch einen Kanal schwammen wir hinüber zur Cenote „Maya“, bei der es sich um eine vollkommen geschlossene Grotte handelte. Nur durch kleine Löcher in der Decke kam etwas Licht herein und zusammen mit dem wunderbar ausgeleuchteten Inneren der Höhle fühlte man sich der Welt entrückt. Diese Eindrucke und Momente werden uns für immer bleiben.
Nach dem Bad nahmen sich die Mitarbeiter des Restaurants noch etwas Zeit um uns zu bewirten, bevor die Hazienda von offizieller Seite für die kommenden Wochen und Monate geschlossen wurde.
Beim Hinausgehen spürte man in den Blicken der Angestellten die Ungewissheit darüber, wie es mit ihrer Arbeit, die ihre Lebensgrundlage bildet, weiter gehen wird.
Während der Fahrt nach Merida trug Vladimir ein wunderschönes Gedicht über das Reisen von Gabriel Garcia Marquez vor:
Viajar es marcharse de casa,
es dejar los amigos
es intentar volar
volar conociendo otras ramas
recorriendo caminos
es intentar cambiar.
Viajar es vestirse de loco
es decir “no me importa ”
es querer regresar.
Regresar valorando lo poco
saboreando una copa,
es desear empezar.
Viajar es sentirse poeta,
es escribir una carta,
es querer abrazar.
Abrazar al llegar a una puerta
añorando la calma
es dejarse besar.
Viajar es volverse mundano
es conocer otra gente
es volver a empezar.
Empezar extendiendo la mano,
aprendiendo del fuerte,
es sentir soledad.
Viajar es marcharse de casa,
es vestirse de loco
diciendo todo y nada con una postal,
Es dormir en otra cama,
sentir que el tiempo es corto,
viajar es regresar.
Reisen heißt das Haus zu verlassen,
die Freunde zurückzulassen.
Versuchen zu fliegen,
fliegen um andere Äste kennenzulernen.
Andere Wege zu erwandern,
zu versuchen sich zu verändern.
Reisen heißt den Mut zu haben ein bisschen verrückt zu sein.
Einmal sagen zu können: “Alles ist mir scheißegal.“
Zurückkehren zu wollen und das Wenige zu schätzen.
Noch einmal von vorne anzufangen.
Reisen heißt sich wie ein Poet zu fühlen,
einen Brief zu schreiben.
Jemanden umarmen zu wollen,
sich für Neues zu öffnen.
Die Ruhe zu vermissen,
sich küssen zu lassen.
Reisen heißt eine weltoffene Person zu werden.
Andere Leute kennenzulernen,
neu anzufangen.
Anzufangen die Hände auszustrecken,
von Starken zu lernen.
Einsamkeit zu fühlen.
Reisen heißt das Haus zu verlassen,
ein bisschen verrückt zu sein.
Alles und Nichts auf einer Postkarte zu sagen.
In einem fremden Bett zu schlafen,
zu fühlen, dass die Zeit fliegt.
Reisen heißt zurückzukehren
Am Abend erreichten wir das stilvolle und zentral gelegene Hotel „Casa del Balam“
(Haus des Jaguars)
Spruch des Tages:
El que no oye aconsejos, no llega a viejo
Derjenige, der sich nicht an Ratschläge hält, wird nicht alt werden.
El corazon de Merida (das Herz von Merida) sollte die gesellige Krönung der Reise mit viel Livemusik auf den gesperrten Straßen der Innenstadt werden – allerdings hatten wir bei der Planung die Rechnung ohne das Corona-Virus gemacht.
Auch in Merida wurde zwischenzeitlich das öffentliche Leben zurückgefahren, die Restaurants hatten nur bis 21.00 Uhr geöffnet und die Sehenswürdigkeiten rund um den Zocalo waren geschlossen. Vladimir lieb also nichts anderes übrig als irgendwie ein Programm für uns zusammenzukratzen. Trotz allem waren wir von der Stadt und ihren vielen tollen Gebäuden rund um den Platz der Unabhängigkeit (Plaza de la Independencia), die wir während unseres Stadtrundgangs bewundern konnten, begeistert. Die Stadt wurde im Jahr 1542 neben einer Maya-Siedlung gegründet und ist seit dieser Zeit wirtschaftliches, militärisches sowie politisches Zentrums Yucatans. Wie so oft wurden die prächtigen Mayatempel durch die spanischen Eroberer zerstört. Mit den Steinen der zerstörten Tempel bauten die neuen Herren des Landes nun Kirchen, Verwaltungsgebäude oder Wohnhäuser im kolonialen Stil. Wir konnten z. B. das Haus der Gründerfamilie der Stadt – das „Casa Montejo“ – aus dem Jahr 1549 betrachten, an dessen Fassade noch das Wappen der Familie und Szenen der Eroberungskriege zu sehen sind. Um ihre Macht zu demonstrieren, stellten die abgebildeten Spanier je einen Fuß auf einen am Boden liegenden, abgeschlagenen Kopf eines Maya-Ureinwohners.
Der große Zocalo selbst, mit seinen schattenspendenden Lorbeerbäumen, versprüht jede Menge Charme. Man konnte sich die fantastische Stimmung leicht vorstellen, wenn abends unter den Arkaden, Musikkapellen zum Tanz aufspielen. Das hätten wir ohne Pandemie alles hautnah erleben können.
In Erinnerung werden uns auch die „sillas confidentes“ (Stühle des Vertrauens) bleiben, die – so eine Legende – ein besonders vorsorglicher Vater für die Treffen seiner Tochter mit ihrem Geliebten erfunden haben soll. Es ist durch die S-Form der Stühle zwar möglich sich ungestört zu unterhalten, aber enger Körperkontakt ist unmöglich.
Einen kleinen Einkaufsbummel unternahmen wir im Anschluss, um uns mit schönen Souvenirs, wie einem Panama-Hut oder mit einer, für die Mexikaner so bedeutsamen, Hängematte zu versorgen.
Während unserer Stadtrundfahrt lernten wir den Paseo Montejo kennen, der der Champs Elysees
nachempfunden ist. Entlang der Prachtstraße stehen noch viele Villen aus der Zeit des Sisal-Booms. Mit ihren eleganten Anwesen zeigten unter anderem die Hazienda Besitzer ihren Reichtum.
Einen Stopp legten wir am „Monumento a la Patria“ (Monument für das Vaterland) aus dem Jahr 1956 ein. Der kolumbianische Künstler Romulo Rozo baute in Handarbeit dieses riesige Kunstwerk. Es wird unter anderem Bezug auf die Geschichte, Flora und Fauna sowie auf die 31 Bundesstaaten Mexikos plus Hauptstadt genommen.
Ein sehr freundlicher Polizist sperrte extra für uns kurzzeitig die dreispurige Straße, damit wir unbeschadet die Straßenseite wechseln konnten.
Nach der Besichtigung des riesigen Friedhofs von Merida ging es zurück zum Hotel und alle waren mit den Gedanken schon beim Rückflug nach Deutschland, der am nächsten Tag stattfinden sollte. Da bereits die große Rückholaktion der Bundesregierung lief und alle Flieger überfüllt waren, hofften wir, dass Niemand aus unserer Gruppe wegen Überbuchung zurück bleiben musste.
Trotz dieser Unsicherheit freuten wir uns auf unseren letzten Abend, an dem die ganze Gruppe inklusive Vladimir und unserem sehr liebenswürdigen Busfahrer Miguel, ein letztes Mal zusammen saß. Im revolutionär durchgestylten Restaurant „Pancho‘s“ konnten wir die Reise wunderbar ausklingen lassen – der Tipp von Vladi war wiedermal ein echter Volltreffer. Die Gruppe bedankte sich sehr herzlich bei Miguel und Vladi für die tolle Zeit, die sie uns bereitet hatten:
Wir wurden von Miguel bestens versorgt, es fehlte uns an nichts und was das Wichtigste ist, er war ein äußerst sicherer und zuverlässiger Fahrer.
Über Vladimir muß man nicht viele Worte verlieren: Die Gruppe und ich waren uns einig, dass wir den besten Reiseleiter auf dieser Tour hatten, den man sich vorstellen konnte.
Da zum Ende der Reise die „Corazon de Merida“ sowie die Sommersonnenwende in Chitzen Itza entfielen, beschloss die Gruppe spontan diese Programmpunkte bei einer weiteren Reise nach Mexiko zu wiederholen und einfach Guatemala und Belize dranzuhängen.
Spruch des Tages:
„Deja, que tu suenos hablen“
Lass zu, dass deine Träume sprechen.
Die gute Nachricht gab‘s gleich am Morgen:
alle Gruppenmitglieder waren online eingecheckt und damit sicher auf dem Flieger bestätigt. Auch die Flüge und das Hotel für die Teilnehmer mit Badeverlängerung waren rückbestätigt, obwohl dieser Teil der Gruppe, auf Grund der unsicheren Lage, recht gerne gleich mit nach Hause geflogen wäre.
Nach dem Frühstück hatten wir noch Zeit um letzte Besorgungen zu machen oder für (3,- €) zum Friseur zugehen. Es hatte sich schon herumgesprochen, dass in Deutschland alle Geschäfte und Dienstleister geschlossen hatten.
Auf der Fahrt nach Tulum, wo wir die Teilnehmer mit Badeverlängerung absetzten, informierte uns „Vladi“ über den Tourismus in Mexiko. Erste Anstrengungen den Tourismus in Mexiko zu fördern wurden in den sechziger Jahren unternommen. Unterstützt durch die weltweite Aufmerksamkeit für die olympischen Spiele 1968 sowie die Fußball WM 1970 entwickelte sich Acapulco zum trendigen Badeziel für den internationalen Jet Set. Viele wurden angelockt durch Hollywood-Größen wie John Wayne oder Johnny Weissmüller (Tarzan).
Erst später wurde die Region an der „Riviera Maya“ sozusagen auf dem Reißbrett für den Tourismus entdeckt. Die Nähe zu den spektakulären Maya Ruinen auf der Halbinsel Yucatan plus die traumhaften Strände waren Grundlage dafür, dass ab 1974 ein Hotel nach dem anderen entlang des 130 km langen Küstenabschnitts entstanden.
Wie wichtig der Tourismus als Arbeitgeber für diese Region geworden ist, erkennt man an den Einwohnerzahlen: Im Jahr 1974 hatte diese Region 400 Einwohner. Heute wird die Einwohnerzahl hingegen auf 1,8 Millionen geschätzt. Durch die Nähe zu den USA kommen nach wie vor die allermeisten Touristen aus dem Land des großen Nachbarn.
Als wir gegen Mittag die Teilgruppe an ihrem wunderschönen Hotel „Dreams Tulum“ absetzten, war schon viel Wehmut im Spiel, da die Reise jetzt doch unweigerlich dem Ende entgegen ging.
Für den Rest der Gruppe ging es weiter zum Flughafen, der erwartungsgemäß überfüllt war. Manchem Touristen, der noch nach einem Flug in die Heimat suchte, war die Panik ins Gesicht geschrieben. Wir nahmen die Wartezeit geduldig auf uns und konnten in einem vollen Flieger am Abend Richtung in Frankfurt am Main abheben.
Die Flughafengebäude in Frankfurt waren bei unserer Ankunft vollkommen verwaist. So leer hatte noch niemand von uns den Rhein-Main Airport gesehen.
In Bad Schönborn angekommen, nahmen wir uns alle noch einmal fest in die Arme, da wir spürten, dass jetzt die sorglose Zeit unserer „Familie“ endgültig zu Ende war. Eine in vielerlei Hinsicht einmalige Tour war nun beendet.
Für mich persönlich war es eine Reise zurück in meine Vergangenheit. Mit 25 Jahren bereiste ich das Land mehrfach mit dem Rucksack und verliebte mich in dieses wunderbare Land und seine Menschen. Vieles war dieses mal anders, aber die tolle Kultur, die einzigartigen Sehenswürdigkeiten, das tolle Essen sowie die freundlichen Menschen sind geblieben.
Schönes & geliebtes Mexiko, die „Familie“ & ich kommen wieder.
Diese Reise wurde begleitet von:
Wolfgang Heinzmann
Begleiterin